Thursday, March 09, 2006

Kapitel 1 - Am Anfang



(Bild: Als Gastsänger bei den "Heartaches", 1984)

Ich denke, man wird als Künstler geboren und ich glaube, dass man sich die Kunst nicht aussucht, die Kunst sucht DICH aus.

Ich war schätzungsweise 7 oder 8 Jahre alt, als ich meine ersten künstlerischen Kapriolen schlug. Ich schnitt Fotos aus Zeitungen aus und klebte sie dann als Bildergeschichten zusammen. Und ich erinnere mich nur zu gut daran, wie sehr ich herum schrie, wenn auch nur ein Fitzelchen fehlte und mir die ganze Familie beim suchen helfen musste. Die konnten einfach nicht verstehen, dass die Story nicht komplett war, wenn ein Bild fehlte. Es war wie bei einem Puzzle: „Wie soll ich denn meine Geschichten erzählen, wenn mir Teile fehlen??“ fragte ich stets. Und sie starrten mich nur an – ehrlich gesagt, will ich gar nicht wissen, was denen damals durch den Kopf ging.

Später dann wollte ich Dokumentarfilmer werden. Es ist normal, dass man etliche Ideen dahingehend hat, was man später mal werden will, wenn man jung ist, aber ich wollte das wirklich werden. Offensichtlich hatten meine Eltern andere Pläne für mich. Ich hatte ausdrücklich nach einer 8mm Kamera gefragt (das war 1980, wenn ich mich nicht irre), stattdessen bekam ich eine „Ritsch-Ratsch-Klick“ Kamera mit auswechselbarem, aufsteckbaren Blitz und das war´s dann.

Ich fotografierte also alles mögliche und landete irgendwann mal bei 20 Fotoalben. Fotograf zu werden, kam mir jedoch nie in den Sinn.

Meine Jugend war eigentlich cool, wir mussten nie hungern und verreisten auch oft. Wir haben sogar mal ein ¾ Jahr in Saudi – Arabien gelebt, 1979, aber „hinter der Bühne“ roch es nach Ärger.

Als jüngster und wahrscheinlich auch verwöhntester von vier Kindern, litt ich enorm unter den Spannungen zwischen meinen Eltern. Die waren zusammen und dann wieder nicht, und es liefen sogar Schulwetten, ob mein Vater nun zu Hause ist, oder nicht.

Es war zermürbend. So zermürbend, dass ich eine stressbedingte Stuhl Inkontinenz entwickelte, fast bis ich 14 war. Vielleicht sogar länger, obwohl es nicht mehr so schlimm war.

Schwierig wohl auch, weil ich irgendwann einfach ausrastete: Ich trat Türen ein, schüttete Cola in Radiowecker und bedrohte meine Mutter sogar mit dem Messer.

Für eine Weile habe ich sogar bei meinem Vater gewohnt, was natürlich nicht funktionierte.

Verwunderlicherweise besserte sich die Situation innerhalb von 14 Tagen, als meine Mutter deutlich machte, dass mein Vater nun definitiv nicht mehr zurück käme. Dennoch glaube ich, dass der Stress, den ich verursacht habe, meine Mutter krank machte. Jahre später wurde Krebs diagnostiziert und sie starb im April 2004 im alter von 70 Jahren.

Ich schätze, dass ich mich der Kunst zuwandte, um einer nicht funktionierenden Familie zu entfliehen.

Eine Familie zu der ich, mit Ausnahme meiner Mutter und meiner Schwester, nicht gehörte.
Und als ich Jahre später, nach meiner eigenen Scheidung, nach Irland auswanderte, fiel mir auf, dass ich wahrscheinlich nicht nur nicht zur Familie gehörte, sondern vielmehr, dass es durchaus das ganze Land gewesen sein könnte.

Bitte nicht falsch verstehen – ich hatte eine Super Zeit in Deutschland aber selbst schon als Kind, wollte ich stets nach England. In meinem kleinen Hirn existierte Irland nicht.
Meine Mutter hat sich stets gewundert, woher diese Idee kam aber wir sind nie nach England gefahren. Wie die meisten Deutschen, fuhren auch wir im Urlaub nach Spanien.

Wie auch immer, als mein Vater dann „für immer“ verschwand, verschwand auch das Geld.

Meine Mutter arbeitete Halbtags als Schuhverkäuferin und ich fing an Gitarre zu spielen. Mein Onkel Fritz, der in den 50ern und 60ern in und um Frankfurt für sein Gitarrenspiel bekannt gewesen sein soll, lehrte mich. Nach knapp sechs Monaten und nur wenig Entwicklung, begriff ich dann, dass Gitarre nicht mein Ding ist.

Heute, über 25 Jahre später, bereue ich sehr, dass ich nicht beendete was ich anfing. Ich habe mit einigen Gitarristen zusammen gearbeitet über die Jahre und es hat mich immer fasziniert und in Unglauben versetzt, wie virtuos doch das Gitarrenspiel sein kann.

Egal, ich hatte sowieso genug damit zu tun, mir das Schlagzeug- und Keyboardspielen beizubringen. Ich nahm sogar Gesangsunterricht später. Aber bleiben wir noch beim Anfang, sagen wir 1980/81?!

1981 befand ich mich inmitten einer neuen musikalischen Bewegung. Genau genommen: zwei musikalische Bewegungen. „New Wave“ aus England, was mir sehr gefiel und „Breakdance“ aus den Staaten. Etwas völlig neues und eigenständiges, was sich später zu einem weltweit erfolgreichen Konzept entwickelte und in „Rap“ gipfelte – was aber nie so an mich ran ging.

Grandmaster Flash and the furious five wurden berühmt, ebenso wie eine junge Britische Band, namens “Depeche Mode”.

1977 kaufte ich mir meine erste Single: „Kraftwerk – Die Roboter“ und für meine Ohren, klangen Depeche schon sehr nach denen. Sehr elektronisch und hip und deren Melodien waren viel eingängiger. Musikalisch lief also eine ganze Menge und ich begann meine ersten Songs auf einer alten Bontempi™ Orgel zu schreiben. Ich gründete meine erste Band „Firebird“ , bestehend aus mir und einem Kumpel namens Andreas Herholz, der Flöte spielte.

Da war noch jemand, glaube ich, aber Firebird überlebte ohnehin nur ein paar wenige Monate. Den Namen liehen wir uns seinerzeit von einer Bassgitarre, die mein Bruder bemalt hatte und die die Aufschrift: Firebird trug.

In den frühen 80ern schrieb ich ein paar Lieder, die ich eher für mich behielt, während mein Hauptanliegen dieses war: Ich wollte eine Freundin!

Die Hölle brach ungefähr 1982 zu Hause los. Obwohl mein Vater nicht da war (oder?!) flippte ich total aus. Ich wog unglaubliche 97 Kg und obwohl ich nie sitzen blieb, bekam ich 1983 nicht meinen Hauptschulabschluss. Hauptsächlich deswegen, weil ich eh kaum in der Schule war, und wenn, dann störte ich mehr als alles andere.

Ich erinnere mich daran, dass meine Mutter des öfteren meinetwegen zur Schule musste, und versuchte, mich vor dem Rausschmiss zu bewahren. Sie besorgte mir sogar einen 1-jährigen Lehrgang „Berufsförderungsjahr Kaufmännisch“, und ich ging sogar zur Schule und schaffte meinen Abschluss, allerdings auch nur nach zähen Verhandlungen zwischen Schulleitung und meiner Mutter.

Im Sommer 1984 besuchte ich dann Verwandte in Amerika. Meine Tanten Jutta und Karin, sowie meinen geliebten Onkel Theo, der mehr wie ein Vater für mich war. Mein Vater war auch da und hatte mal wieder mit jedem Streit als ich da war.

Jutta lebte in einem großem Haus in Strandnähe und weil es so viel wärmer war als es jemals in Deutschland gewesen wäre, verbachte ich die meiste Zeit eben da: am Strand. Aber nicht ohne bei der deutschen Bäckerei meines Onkels vorbei zu gehen J

1984 war eines der besten Jahre in musikalischer Hinsicht. Duran Duran, Stevie Wonder, der charismatische Billy Idol und so weiter. Während ich zu Besuch in Florida war, sah ich George Michaels erstes Solovideo zu: „Careless Whispers“, was das langsame Ende von Wham! einleitete. Außerdem kaufte ich mir mein erstes Stereo – Mikrofon, in einem Laden in Daytona Beach, und sang lippensynchron zu allem was aus dem Fernseher kam.

Was mich letzten Endes wirklich beeindruckte war: Ein Typ namens Prince, der in Europa noch nicht so angesagt war. An einem von nur zwei Regentagen während meines Aufenthaltes, ging ich mit meinem Cousin ins Kino. Wir sahen uns „Purple Rain“ 3x an, bis wir jedes Lied auswendig konnten.

Ich kaufte mir die LP noch in den Staaten und hatte fortan nur ein Ziel: Ich wollte ein Rockstar werden. Aufgewachsen mit den Hard Rock Legenden KISS und Status Quo, und den alten Elvis Platten meiner Mutter, war das ja eigentlich schon immer mein Wunsch. Als Prince´s Musik überall zum Überflieger wurde, veränderte das schlagartig mein Leben.

Zuhause in Deutschland, dominierte Duran Durans „Wild Boys“ die Charts und viele deutsche Bands waren IN. Die Rodgau Monotones zum Beispiel, die 1984 einen Riesenhit hatten und mit Tina Turner auftraten.

Ich hielt Ausschau nach Musikern um meine Version von Prince and The Revolution zu gründen.

Alles was ich fand, war eine bereits existierende Band, die Heartaches, die Kumpels von mir waren. Ich war deren Gastsänger ab und an und verschwand dann im Nirgendwo, meine Zeit damit „verschwendend“, jedem von Prince and the Revolution zu erzählen. Es sollte auch nicht mehr lange dauern, bis „Purple Rain“ in Deutschland die Runde machte und Prince´s erfolgreichste Single: „When Doves Cry“ auch in Deutschland die Nr.1 war.

1985 trat ich einer Band bei, die sich Spirits of soul nannte, wo ich Armin Schwarzfeld kennen lernte, mit dem ich die 1992er „Exzess – Technological Age“ aufnahm. Ich kannte den Schlagzeuger, Kjeld Fischer, schon seit Jahren und als er ausstieg, kaufte ich sein Schlagzeug für DM 250,- und übernahm auch den Gesang.

Spirits ... überlebten 1985 jedoch nicht und als ich im selben Jahr meine spätere Frau kennen lernte, verbrachte ich die meiste Zeit mit ihr und kümmerte mich nicht mehr um meine Karriere.

1986 war ich dann aber wieder voll dabei und suchte nach einer neuen Band. Ich kaufte ein weiteres Drum Kit, mein ersten elektronisches, gebraucht von einem Profi – Drummer, Markus „Jackson“ Bolz, und konnte es in Raten zahlen. Es war das Selbe Schlagzeug, das seinerzeit von Kajagoogoo benutzt wurde, nur dass deren Kit Gelb war und meines Weiß.

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